120 Jahre Kolpingsfamilie KL Zentral

120 Jahre Kolpingsfamilie KL Zentral

YouTube-Gottesdienst zu 120 J. Kolpingsfamilie Kaiserslautern Zentral

Am Sonntag, den 03. Mai 2020 um 11:00 Uhr fand ein Gottesdienst auf YouTube mit Präses Pfarrer Martin Olf statt.

Den Gottesdienst können Sie über https://www.youtube.com/watch?v=_a8BC9MZLho per Laptop, PC, Tablet oder Smartphone nochmal mitverfolgen.

Per Klick auf das obige Bild, gelangen Sie ebenfalls zum Gottesdienst auf YouTube.

Alternativ können Sie sich das YouTube-Video auch hier ansehen:

 

120 Jahre Kolpingsfamilie Kaiserslautern Zentral

-Verantwortlich leben – solidarisch handeln-

„Es ist keine Zeit zu feiern, zuzuschauen, gewähren zu lassen, bloß zu jammern und zu klagen, sondern es ist Zeit zu handeln, Zeit zu wirken, und zwar für jeden ohne Unterschied, wie es ihm nach Maßgabe seiner Kräfte und Mittel nur möglich ist.“ (Zitat von Adolph Kolping)

 

Unter diesem Motto hätte  die Kolpingfamilie KL-Zentral am kommenden Wochenende ihr 120 jähriges Jubiläum gefeiert und sich gleichzeitig neue Ziele und Aufgaben für die kommenden Jahre gesteckt.  Wegen der  Coronakrise mit ihren Einschränkungen, mussten die Veranstaltungen zu dem Fest  abgesagt werden.

 

Das Jubiläum aber bietet die Möglichkeit einer Rückbesinnung auf das Vereinslebens und führt zu der Gründung und an die Anfänge der Gemeinschaft zurück.

 

Die Kolpingfamilie Kaiserslautern-Zentral wurde am 02.04.1900 auf Betreiben des bayerischen Landtagsabgeordneten Karl Bernzott als Kath. Gesellenverein St. Maria in der Wirtschaft Frank, Pariser Str., gegründet. Am 10. September 1900 erfolgte die Aufnahme des Vereins in den Gesamtverband der Gesellenvereine in Köln.

 


Die Gesellenvereine fanden ab 1846 ihre Verbreitung durch den Priester Adolph Kolping, der als Schustergeselle die Not der damaligen Handwerksgesellen am eigenen Leibe verspürt hatte. Bereits 20 Jahre später gab es auf sein Betreiben 200 Gesellenvereine in Deutschland und den angrenzenden Ländern, die sich durch verschiedene Maßnahmen und Hilfen um die Gesellen kümmerten. Die Gesellenvereine gründeten Gesellenhäuser, die als Versammlungsort für ein reges Vereinsleben dienten. Wandernden Gesellen wurde gleichzeitig Übernachtung und Verpflegung angeboten.

 

In Kaiserslautern hatte man seinerzeit bald erkannt, dass auch hier das dringende Bedürfnis nach einer Herberge für wanderende Gesellen bestand. Diese Umstände und auch andere Vorkommnisse bewogen 20 Handwerksmeister und Gesellen am 02. April 1900 den Kath. Gesellenverein St. Maria zu gründen. Das Vereinsleben wurde bereits in den  ersten Jahrzehnten  so vielseitig gestaltet, dass der Gesellenverein zum damaligen Zeitpunkt mit vollem Recht als „Volkshochschule“ bezeichnet werden konnte. Kurse in Buchhaltung, Stenographie, Esperanto, dazu Fachseminare und Meisterschulungen zeigen die Vielfalt des Angebotes. Beim 5. Stiftungsfest des Kath. Gesellenvereins St. Maria konnte als äußeres Zeichen des Zusammenhalts die Vereinsfahne unter Beteiligung von 16 Gesellenvereinen aus dem ganzen Bistum geweiht werden. (Die als Leihgabe im Theodor-Zink-Museum ausgestellt ist.) Eine Vereinsbibliothek wurde aufgebaut, eine Sparkasse gegründet. 1912 erfolgte unter Fritz Schwalbach die Gründung einer Musikkapelle, er leitete diese 50 Jahre lang. In seiner Fortsetzung ist das heutige Kolping Blasorchester, unter dem Vorsitz von Andreas Vicinus, weiterhin sehr erfolgreich.

 

Neben der Kapelle gab es auch eine Gesangsabteilung und eine Theatergruppe. Besonders die Feier kirchlicher Gedenktage unterstrich den religiösen Charakter des Gesellenvereins und das gelebte Christentum.

 

Nach dem ersten Weltkrieg siedelte der Gesellenverein 1920 in das Kath. Vereinshaus Pariser Straße. 1930 nahm die Zahl der wandernden  Gesellen in Kaiserslautern stark zu und stellte den Verein vor finanzielle Probleme. In der Chronik ist  zu lesen, dass man nicht nur 500 durchreisende Gesellen versorgte, sondern noch 18 Arbeitsplätze zusätzlich vermitteln konnte.

 

1928 übernahm Kaplan Franz Binhold, später Pfarrer der Pfarrei St. Martin, das Amt des Präses. Als Mann des Volkes war er Initiator der im gleichen Jahr beginnenden Kinderfeste, die mit einer Unterbrechung im 2. Weltkrieg bis in die 70iger Jahre veranstaltet wurden.

 

Es kam die Zeit des Nationalsozialismus. Um einem Verbot der Machthaber während der Nazidiktatur zu entgehen, nannten sich die Gesellenvereine um in Deutsche Kolpingfamilie. 1937 trotzdem Verbot und Auflösung der Kolpingfamilie St.Maria. Die Instrumente der Kolpingkapelle wurden von Fritz Schwalbach, vor dem Verbot zu einem symbolischen Preis an die Musiker verkauft, damit entgingen sie einer Beschlagnahme.

 

Trotz des Verbotes bestand der Verein insgeheim weiter. Ideen und Ziele Adolph Kolpings wurden nicht aufgegeben. Senior Rupprecht Vollmer, selbst von der Gestapo überwacht und Alois Dietrich hielten den Kontakt zu den Gleichgesinnten aufrecht. Beide standen auch nach dem Kriege für den entscheidenden Neuanfang in der Kolpingfamilie und der Kapelle die bereits im Herbst 1945 ihre  Proben wieder aufnahm.

 


Die Arbeit nach dem 2.Welt Krieg in der Kolpingfamilie St. Maria war sehr schwierig, denn die Veranstaltungen mussten von der französischen Militärverwaltung genehmigt werden. Die Versammlungen nach dem Kriege fanden in der von der Familie Wilhelm geführten Gaststätte „Fröhlich Pfalz“ statt.

 

In der Phase des Wiederaufbaues, organisierten Kolpingbrüder Kindererholungsfahrten auf das Land. An bombenbeschädigten Häusern reparierten sie Dächer, Wände und halfen Wohnraum schaffen. Selbstverständlich gewordene Hilfsaktionen, Berufserziehung und Weiterbildung schufen Zukunftsperspektiven für die Menschen.

 

 

Neben sozialer Hilfe und Bildungsaufgaben kam auch die Unterhaltung nicht zu kurz. Dazu gehörten die mit hohem kulturellem Wert wieder stattfindenden Theateraufführungen, sowie die von Präses Kaplan Franz Binhold, vor dem Krieg ins Leben gerufenen und 1948 wieder belebten jährlichen Kinderfeste. Abgelöst wurden diese durch das seit 1959 stattfindende Erbsensuppeessen auf der Burg, dem Grillplatz in Hohenecken und dem Gut Mühlberg in Mölschbach. Dieses Jahr hätte es zum 61. Mal stattfinden können, wurde  aber wegen der Coronakrise abgesagt. Weitere Höhepunkte im Vereinsleben sind: die jährlichen humorvollen Prunksitzungen, mehrtätige Jahresausflüge, Seniorentagesfahrten und die öffentlichen Auftritte des Kolpingblasorchesters.

 

 

 

Anfang der 60er Jahre kam es im Vorstand der Kolpingfamilie zu einem Generationswechsel. Junge Mitglieder übernahmen Führungsaufgaben, um Kolpingideen zukunftsorientiert zu verwirklichen. Norbert Thines wurde Vorsitzender. Mit der von ihm ins Leben gerufenen „Aktion Bruderhilfe“ stellte sich die Kolpingfamilie den sozialen Herausforderungen der Zeit. „Kolping schlägt Brücken“ war das Leitwort zum 75 Jährigen Jubiläum der Kolpingfamilie. Eine bedeutungsvolle und inhaltsschwere Aussage. Eine Herausforderung, der die Gemeinschaft aber gerecht wurde. Getreu dem Leitwort Kolpings: “Tätige Liebe heilt alle Wunden, bloße Worte mehren nur den Schmerz“ engagiert sich die Kolpingfamilie bis zum heutigen Tag in zahllosen Hilfsaktionen im In- und Ausland. Große Hilfskonvois mit Sachspenden wurden unter hohem Risiko und persönlichen Opfern beteiligter Kolpingbrüder nach Polen, Rumänien, Jugoslawien, Weißrussland und die Ukraine durchgeführt. Heute gehen in erster Linie finanzielle Hilfen in Projekte Kolpingbezogener Patenschaften nach Polessje/ Weißrussland, Flores/Indonesien und Tansania/Afrika, als Mittel zur Selbsthilfe für notleidende Menschen. Aber auch die Hilfe für Bedürftige in der Stadt und ihrem Umkreis wird nicht außer acht gelassen.

 

 

Eine von der Kolpingfamilie ins Leben gerufene Einrichtung, ist die seit 1987 jährlich  stattfindende „Ehrung des verdienten Bürgers der Stadt“. Diesen Ehrentitel erhalten Mitbürger, die sich durch ein besonderes ehrenamtliches Engagement in unserer Stadt für ihre Mitmenschen einsetzen, aber wenig im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen.  Sie soll den Menschen in Kaiserslautern vor Augen führen, dass es in der heutigen „Ellenbogengesellschaft“ noch Personen gibt, die oft in aller Stille und Bescheidenheit, ohne eigene Vorteile davon zu haben, ehrenamtlich in Einrichtungen tätig sind oder zum Wohle der Mitmenschen eigene Initiativen verwirklichen. Mit dieser Ehrung konnten bisher  32 Frauen und Männer ausgezeichnet werden.

 

 

Die Kolpingfamilie Kaiserslautern-Zentral ist nun 120 Jahre alt geworden, aber jung geblieben mit ihren Ideen und Taten. Adolph Kolping hatte in der damaligen Zeit das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe und der gegenseitigen Unterstützung in kleinen Einheiten angeboten. Zu diesen Ideen hat die Kolpingfamilie in der Vergangenheit in hundertfacher, praktischer Hilfe und gelebter Nächstenliebe beigetragen sie zu verwirklichen. Das wird  auch ihr Ziel in Zukunft sein. In einer sich ständig verändernden  Welt wird sie das Ohr am Puls der Zeit haben und im Dialog mit der Gesellschaft bleiben. Sie wird offen sein  und die ganze Wirklichkeit in ihrer Komplexität sehen. Dazu gehört auch, die Menschen in ihren konkreten, oft schwierigen und hilfsbedürftigen Situationen wahrzunehmen, ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte aufzuspüren und zu versuchen sie zu erfüllen. Getreu dem neuen Motto: „Verantwortlich handeln – solidarisch leben“

 

Text & Bildkomposition: Johannes Scholz - 2. Vorsitzender der Kolpingsfamilie Kaiserslautern Zentral

Bildquelle: Archiv Kolpingfamilie Kaiserslautern Zentral